Die Eingriffe am Herzen haben sowohl bei Grundversicherten als auch bei Personen mit einer privaten Zusatzversicherung über die Jahre zugenommen – mit Ausnahme der ersten beiden COVID-19-Wellen im Jahr 2020. Dies zeigt eine an der Universität Basel und am Kantonsspital Aarau durchgeführte Studie.
«Unsere Daten weisen darauf hin, dass Personen mit Zusatzversicherungen Behandlungen erhalten, die sich medizinisch nur schwer rechtfertigen lassen und daher möglicherweise unnötig sind.»
Dr. med. Tristan Struja, Studienautor, Oberarzt Allgemeine Innere und Notfallmedizin am Kantonsspital Aarau
Bei den Zusatzversicherten war jedoch die Wahrscheinlichkeit, einen kardiovaskulären Eingriff zu erhalten, um 11 Prozent höher als bei grundversicherten Personen. Das entspricht schweizweit 895 zusätzlichen Eingriffen pro Jahr.
«Wir beobachten ein Missverhältnis in der Behandlung der beiden Gruppen, das sich nicht durch die Patientenmerkmale erklären lässt», hält Studienautor Dr. Tristan Struja fest. «Unsere Daten weisen darauf hin, dass Personen mit Zusatzversicherungen Behandlungen erhalten, die sich medizinisch nur schwer rechtfertigen lassen und daher möglicherweise unnötig sind.»
Tatsächlich sind Personen mit einer privaten Zusatzversicherung tendenziell besser ausgebildet, verfügen über ein höheres verfügbares Einkommen, sind gesünder und werden seltener in ein Spital eingewiesen als Personen, die nur eine Grundversicherung haben. Folglich sollten an ihnen sogar weniger Eingriffe vorgenommen werden.
Für die Spitäler bestehen klare ökonomische Anreize, an dieser lukrativen Patientenklasse Eingriffe im stationären Rahmen vorzunehmen, anstatt darauf zu verzichten oder sie zumindest ambulant durchzuführen.
Prof. Dr. Philipp Schütz, Forschungsleiter am Departement Klinische Forschung der Universität Basel
Die Gründe für die unterschiedliche Behandlung vermuten die Studienautoren denn auch nicht in klinischen Überlegungen: «Wir nehmen an, dass Personen mit einer privaten Zusatzversicherung die medizinische Versorgung stärker in Anspruch nehmen, unter anderem weil sie mehr Geld für ihre Krankenversicherung ausgeben», so Prof. Dr. Philipp Schütz, Forschungsgruppenleiter am Departement Klinische Forschung der Universität Basel. «Gleichzeitig bestehen für die Spitäler klare ökonomische Anreize, an dieser lukrativen Patientenklasse Eingriffe im stationären Rahmen vorzunehmen, anstatt darauf zu verzichten oder sie zumindest ambulant durchzuführen.»
Dies führe dazu, so die Studienautoren, dass Gesundheitsdienstleistungen ineffizient erbracht würden. Sie empfehlen, die Pauschalen für Privatpatienten zu überdenken und die Anreize stärker auf die Qualität der Versorgung auszurichten.
Beitragsbild: Bei kardiovaskulären Eingriffen gibt es einen Unterschied nach Versicherungsstatus, der nicht durch Patientenmerkmale erklären werden kann (Symbolbild: Adobe Stock).