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13. Februar 2024

FINANZIELLE SITUATION DER SPITÄLER

PwC: Situation im Spitalwesen ist nicht nachhaltig

Die Schweizer Spitäler und Kliniken stehen unter massivem Margendruck, einerseits aufgrund von Effizienzdefiziten und andererseits wegen Schwächen im System.
Competence Philip Sommer

Autor

Philip Sommer

Partner, Leiter Beratung Gesundheitswesen, PwC Schweiz

philip.sommer@ch.pwc.com

Competence Paul Sailer

Autor

Paul Sailer

Director, Beratung Gesundheitswesen, PwC Schweiz

paul.sailer@pwc.ch

Competence Livia Schäppi

Autorin

Livia Schäppi

Senior Associate, Beratung Gesundheitswesen, PwC Schweiz

livia.schaeppi@pwc.ch

Die Debatte um die Spitalfinanzierung lässt sich auf eine Gretchenfrage zuspitzen: Sind die finanziellen Herausforderungen vieler Spitäler auf die mangelhafte Finanzierung zurückzuführen, oder liegt das Problem in der Ineffizienz der Spitäler? Die finanzielle Situation der Spitäler ist angespannt, was sich in der niedrigsten EBITDAR-Marge seit Einführung von SwissDRG von 6,0 Prozent im Jahr 2022 zeigt.

Die aktuellen Tarife reichen nicht aus, um die heutigen Spitalstrukturen aufrechtzuerhalten.

Das ist überraschend, ist das Gesundheitswesen doch ein Wachstumsmarkt. Die Tarife, bzw. der regulatorische Rahmen führen aber dazu, dass die Wirtschaftlichkeit vieler Akteure unzureichend ist. Dazu kommen Herausforderungen in der Versorgung, insbesondere getrieben durch einen ausgeprägten Fachkräftemangel.

Fehlanreize verhindern zukunftsfähige Versorgung

Die Spitalfinanzierung mit SwissDRG zielt im Kern auf einen regulierten Wettbewerb ab, um die Spitallandschaft zu konsolidieren. Dies spiegelt sich in der Tatsache wider, dass die Zahl der stationären Leistungserbringer in den letzten zwei Jahrzehnten um 24 Prozent abgenommen hat. Die aktuellen Tarife reichen nicht aus, um die heutigen Spitalstrukturen aufrechtzuerhalten. Der Konsolidierungsdruck bleibt hoch. Es drohen der Kollaps von versorgungskritischen und nicht versorgungskritischen Spitälern sowie finanzielle Rettungspakete von deren Eigentümern. Diverse Kantone haben bereits und werden in Zukunft «ihre» Spitäler mit Eigenkapital und weiteren Zuschüssen stützen. Damit steigt der steuerfinanzierte Anteil im Gesundheitswesen in nicht vorgesehener Art weiter an.

Mittel- bis langfristig droht der finanzielle Kollaps von vielen Spitälern und Kliniken und deren «Rettung» durch die öffentliche Hand.

Politische Forderungen nach Tarifsenkungen für Spitalleistungen – zum Beispiel die Diskussion um das 30 %-Perzentil – sollten im Hinblick auf Inflation und Versorgungssicherheit mit Bedacht gewählt werden. Viele Spitäler operieren bereits jetzt mit schmalen Profitmargen und verzichten auf notwendige Investitionen in Infrastruktur und digitale Transformation. Der starke finanzielle Druck gefährdet somit paradoxerweise auch ein zukunftsfähiges, abgestuftes, digital transformiertes und regionenübergreifendes Versorgungsmodell.

Die Ziel-EBITDAR-Margen sollten in mittlerer bis langer Frist zumindest temporär klar ansteigen, auf deutlich über zehn Prozent.

Auch hinsichtlich kostengünstigerer ambulanter Leistungserbringung sind keine Befreiungsschläge absehbar. Zwar soll ab 2025 eine neue Tarifstruktur bestehend aus TARDOC und ambulanten Pauschalen eingeführt werden. Allerdings bleiben auch damit ambulante Leistungen schlechter vergütet als stationäre. Die Einführung einer einheitlichen Finanzierung (EFAS) wird eine wichtige Basis für einen Wandel in der Tarifierung darstellen. Positive Effekte sind mit der Aufhebung der tarifarischen Fehlanreize aber erst in einigen Jahren zu erwarten.

Erzielte Fortschritte in Spitälern reichen nicht aus

Auf betrieblicher Seite wurden seit Einführung von SwissDRG Effizienzsteigerungen in den Spitälern erzielt. Zudem haben viele Spitäler in den letzten Jahren umfassende Ergebnisverbesserungsprogramme umgesetzt, mit klar ersichtlichen Effekten. Aber es bestehen noch weitere Effizienzpotenziale und um diese zu nutzen, sind in der Regel beträchtliche Investitionen in Projekte und digitale Transformation notwendig.

Fazit: Tarifsystem braucht Anpassungen

Die Situation im Spitalwesen ist nicht nachhaltig. Der finanzielle Druck führt zwar zur erwünschten Konsolidierung und zu einem erheblichen Anreiz effizienter zu werden. Dennoch droht mittel- bis langfristig der finanzielle Kollaps von vielen Spitälern und Kliniken und deren «Rettung» durch die öffentliche Hand.

Es ist klar, dass das Tarifsystem Veränderungen benötigt, um den Fokus nicht nur auf Kosten, sondern auch auf eine langfristig hochqualitative Versorgung zu legen.

Der starke Fokus auf die Kosten des Gesundheitswesens und die Tarife erschwert die Fähigkeit Investitionen, zum Beispiel in digitale Transformation, zu tätigen. Die Ziel-EBITDAR-Margen sollten in mittlerer bis langer Frist zumindest temporär klar ansteigen, auf deutlich über zehn Prozent. Davon diese Schwelle zu erreichen, sind die Spitäler noch weit entfernt.

Es ist klar, dass das Tarifsystem Veränderungen benötigt, um den Fokus nicht nur auf Kosten, sondern auch auf langfristig hochqualitative Versorgung im Sinne von value-based Healthcare zu legen. Für ein zukunfts- und leistungsfähiges Gesundheitswesen braucht es nicht nur einen hohen Einsatz und die Veränderungsbereitschaft der Leistungserbringer, sondern auch die Unterstützung der Versicherer und der Politik bei der Weiterentwicklung der Tarifsysteme.

Beitragsbild: Canva.com

   

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