In der Schweiz bieten zwölf Spitäler¹ spezialisierte und hochspezialisierte medizinische Versorgung von Kindern an. Sie erbringen diese Leistungen im Unterschied zur Erwachsenenmedizin weitestgehend im ambulanten Bereich (siehe Interview mit Prof. Urs Frey, Ärztlicher Direktor, Universitäts-Kinderspital beider Basel UKBB). Deswegen sind die Kinderspitäler- und -kliniken seit den TARMED-Eingriffen 2014 und 2018 schwer defizitär.
Der produktionsvermindernde Fachkräftemangel und die zunehmende kostensteigernde Bürokratisierung verschärfen den finanziellen Druck und erodieren die Kinderspitalversorgung zunehmend. Der Politik sind die Probleme bekannt. Eine von AllKidS vor fünf Jahren initiierte Kinderspitalmotion (19.3957) wurde 2020 im Parlament diskussionslos angenommen. Ausser anerkennenden Worten ist jedoch bislang nichts geschehen.
Was mit Blick auf die Kostendiskussionen vergessen geht: Kinder- und Jugendmedizin ist vergleichsweise günstig. Rund 20 Prozent der Bevölkerung verursachen nur 8 Prozent der Gesamtgesundheitskosten. Ebenfalls zu wenig beachtet wird: Kinderspitäler geraten heute regelmässig an ihre Grenzen. Lange Wartezeiten auf den Notfallstationen und die Verlegung kleiner Patient:innen in entfernte Spitäler aus Kapazitätsgründen sind keine Seltenheit mehr. Personalengpässe schmälern nicht nur die medizinische Versorgung, sondern auch die Ausbildung in der Pflege und beim ärztlichen Personal. Zusätzlich senkt der hohe Administrationsaufwand die berufliche Attraktivität. Ein Teufelskreis.
Die Lösung liegt auf dem Tisch: Eine rasche Ablösung des TARMED durch den TARDOC und durch ambulante Pauschalen in den wenigen dafür geeigneten Bereichen in der Kindermedizin. Verzögert sich die Modernisierung des ambulanten Tarifs weiter, werden umgehend gezielte Interventionen nötig sein, um die zentralen ambulanten Defizittreiber in den Kinderspitälern und -kliniken zu finanzieren – die Notfallversorgung, die ambulanten Operationen, die Behandlung von seltenen Krankheiten (siehe Interview mit Prof. Urs Frey, UKBB) und die Limitierung von Zeitleistungen.
Im stationären Bereich ist das eigenständige Benchmarking für die Kinderspitäler beizubehalten. Zudem sind keine weiteren Regulierungen zuzulassen, ohne dass deren Folgen für die Kinderspitäler vorgängig abgeschätzt werden. Ohne ein koordiniertes Vorgehen, um die erwähnten Probleme zeitnah zu lösen, wird die Versorgungsqualität in der Kindermedizin ernsthaft Schaden nehmen. Es gilt nun zu handeln, um dies zu verhindern.
1Eigenständige Kinderspitäler und andere Universitäts- und Zentrumsspitäler der Versorgungsstufen 3 und 4.
Beitragsbild: UKBB